Neue Therapien bei Hepatitis C

„Mit diesen neuen Substanzen stehen wir am Anfang einer neuen Ära in der Therapie der chronischen Hepatitis C. Für die Patienten stehen jetzt effektivere Medikamente mit einer kürzeren Therapiedauer zur Verfügung“, erläutert Prof. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung anlässlich des 12. Deutschen Lebertages am 20. November 2011. „Bei den neuen Therapien müssen aber viele Punkte berücksichtigt werden, damit die Behandlung erfolgreich verlaufen kann. Sie sollten nur von einem versierten Facharzt durchgeführt werden, denn es können sich zum Beispiel Resistenzen entwickeln, oder die neuen Medikamente interagieren mit anderen, bereits verschriebenen, und sorgen dann für Komplikationen. Häufig sei es auch für den behandelnden Arzt notwendig, wegen der zusätzlichen Nebenwirkungen, mit Fachärzten aus anderen Bereichen zu kooperieren. Nur so könne der Patient umfassend betreut werden. Die Behandlung mit den neuen Therapien ist ausschliesslich für Patienten des Genotyps 1 möglich. Hier sorgen sie für wesentlich bessere Heilungschancen als bisher. Der 12. Deutsche Lebertag steht unter dem Motto „Leber - lebenswichtig!“ In ganz Deutschland finden in vielen Städten Veranstaltungen dazu statt. Eine Liste der Veranstaltungen finden Sie unter www.lebertag.org

Heilungschancen für Genotyp 1 steigen
Die Hepatitis C, die durch Infektion mit dem Hepatitis C-Virus hervorgerufen wird, kann relativ gut behandelt und sogar geheilt werden. Man unterscheidet bei dem Hepatitis C-Virus verschiedene Genotypen. Die Heilungsraten und die Therapiedauer sind bei den verschiedenen Genotypen sehr unterschiedlich. Die Genotypen 1 und 4 werden meist 48 Wochen mit pegyliertem Interferon alfa und Ribavirin behandelt, während bei den Genotypen 2 und 3 in der Regel eine 24-wöchige Therapie ausreichend ist und mit der Standardtherapie zu einer Heilungsrate von 70 bis 90 Prozent der Fälle führt. Beim Genotyp 1 sah es bislang schlechter aus. Hier wurden mit der Standardtherapie lediglich etwa 40 bis 50 Prozent der Patienten geheilt. Mit den neuen Substanzen, die in der zweiten Hälfte diesen Jahres zugelassen wurden (Boceprevir und Telaprevir) haben sich die Aussichten dieser Patienten auf eine Heilung der Hepatitis C erheblich gesteigert. Die Wirksamkeit der Wirkstoffe wurde in den letzten Jahren in grossen, internationalen Phase III-Studien belegt.

Die beiden neuen Substanzen sind direkt wirkende antivirale Medikamente, sogenannte HCV-Proteaseinhibitoren. Sie hemmen das Virus in seiner Vermehrung, indem sie ein Schlüsselenzym blockieren. Durch diese neue Wirkungsweise können viele Patienten erfolgreich behandelt werden, die mit der bisherigen Standardtherapie nicht geheilt werden konnten. Zugelassen sind die neuen Wirkstoffe für noch nie behandelte und vorbehandelte Patienten mit HCV-Genotyp 1. Für alle anderen Genotypen gilt weiterhin die bisherige Therapie mit pegyliertem Interferon alfa und Ribavirin.

Therapieerfolg ist unterschiedlich
Allerdings werden nicht alle Patienten mit den neuen Therapien gleichermassen erfolgreich behandelt werden können. Profitieren werden vor allem bislang nicht behandelte Patienten und Patienten, die in der vorherigen Therapie einen Rückfall erlitten haben („Relapse-Patienten“). Hier werden Ansprechraten von 67 bis 88 Prozent erreicht werden. Bei Patienten, die in einer vorherigen Therapie nur sehr begrenzt auf das Interferon angesprochen haben (sogenannte „Nullresponder“) werden Heilungsraten von 30 Prozent erwartet, da auch für den Erfolg der Behandlung mit den neuen Substanzen das Ansprechen auf Interferon sehr wichtig ist.

Für den Erfolg ist ausserdem unbedingt erforderlich, dass die neuen Therapien sehr sorgfältig durchgeführt werden. „Wir raten den Patienten, sich von einem versierten Facharzt behandeln zu lassen. Nicht jeder Arzt hat die unbedingt notwendigen Vorkenntnisse, um die neuen Behandlungen optimal für den Patienten umzusetzen“, sagt Prof. Dr. Michael P. Manns, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung. „Es sind viele Faktoren bei den neuen Therapien zu beachten. So gibt es das Problem der Resistenzentwicklung und die Gefahr der Medikamenten-Interaktion. Aufgrund der zusätzlichen Nebenwirkungen muss der Facharzt auch Kollegen aus anderen Bereichen in die Behandlung einbinden und den Patienten umfassend betreuen“, fordert er. Aufgabe der nächsten Jahre sei jetzt auch, mehr Daten zur Effektivität und den Nebenwirkungen der aktuellen Therapien zu sammeln, um diese bestmöglich einzusetzen.

Die Entwicklung der Hepatitis C-Therapie wird in den nächsten Jahren weitere Fortschritte machen. Verschiedenen Substanzen sind in der Erprobung. Durch die Kombination verschiedener direkt antiviral wirkender Substanzen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen wird in einer nicht allzu fernen Zukunft eine Therapie ohne Interferon möglich sein. Verschiedene Studien haben die Machbarkeit einer derartigen Therapie bereits gezeigt. Da die Behandlung der Hepatitis C mit Interferon viele Nebenwirkungen hat, ist dies von grosser Bedeutung.

Kontakt:
Deutsche Leberstiftung
Prof. Dr. Michael P. Manns
www.deutsche-leberstiftung.de

 

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